Warum wir auf ein eigenes Wundversorgungsteam setzen

Viele Patienten kommen mit frischen Operationswunden in die Reha. Bei manchen sind die Wunden chronisch, heilen also über längere Zeit nicht. Besonders Diabetiker sind davon betroffen. Im Reha-Zentrum Gernsbach gibt es ein eigenes Wundversorgungs-Team, das sich gezielt um diese Problematik kümmert.

Die wichtigste Aufgabe des Wundversorgungs-Teams ist es, Erfahrungen und Wissen zur Wundversorgung zu sammeln und nachvollziehbar zu machen: für Patienten, sofern sie geistig fit sind, vor allem aber für die Kollegen im Haus und für weiterbehandelnde Ärzte in der Region. Hausärzte, die Rehabilitanden weiterbehandeln, bekommen vom Wundversorgungs-Team eine Dokumentation der Wunde und Material-Empfehlungen.

„Wir hoffen, dass sich im Murgtal die Botschaft verbreitet, dass wir diese Expertise zur Wundversorgung hier haben“, sagt die Gesundheits- und Krankenpflegerin Andrea Eichberger-Schmeiser, „und dass die weiterbehandelnden Ärzte unsere Empfehlungen wahrnehmen.“ Durch gezielte Diagnostik und Wundmanagement könne man sogar verhindern, dass es zu Amputationen kommt.

Es ist dem Team ein Anliegen, hartnäckige Missverständnisse aufzuklären: Ein weit verbreiteter Fehler sei zum Beispiel, Zinkpaste auf offene Wunden zu tun, wodurch die Wunde nicht mehr beurteilt werden könne. Und sie geben praktische Tipps. Zum Beispiel, dass Diabetiker ihre Schuhe regelmäßig ausschütteln sollten, weil sie aufgrund einer Neuropathie spitze Steine im Schuh nicht spüren.

Die Wunden 

Am häufigsten behandelt das Team Wundheilungsstörungen nach Herzoperationen sowie Amputationswunden bei Durchblutungsstörung PAVK, Ulcus Cruris sowie Dekubiti. 

Das Team

Derzeit drei Gesundheits- und Krankenpflegerinnen beraten sich gemeinsam mit ihrem Projektleiter, dem Kardiologen Dr. Franz van Erckelens, gezielt zur Wundversorgung bestimmter Patienten. Alle drei haben eine Ausbildung zur Wundexpertin absolviert und werden jedes Jahr geschult.

Die Diagnose

Warum existiert eine Wunde? Die Frage muss geklärt sein, bevor die Wundexpertinnen mit der Versorgung beginnen. Sie wägen ab, ob die betroffenen Patienten vor der Behandlung von einem Hautarzt oder Gefäßspezialisten untersucht werden müssen.

Wenn die letzte Untersuchung schon länger zurückliegt, ist eine Duplex-Sonografie zu empfehlen.  Bei Diabetikern muss das Insulin richtig eingestellt sein, damit die Blutzuckerwerte im Normbereich sind, so dass die Wunden heilen können. 

Die Dokumentation

Das Wundversorgungs-Team arbeitet mit einem speziellen PC- Programm, das unter anderem die Größe und Tiefe der Wunden dokumentiert. Regelmäßig werden Fotos gemacht und im Programm hinterlegt. So wird der Verlauf der Wundheilung gut nachvollziehbar – auch für Kollegen im Haus, die am Wochenende Stationsdienst haben und die Wunden weiter versorgen müssen. Sie bekommen die Dokumentationen ausgedruckt und können selbst Notizen hinterlassen (z. B. „Wunde war nässend“).

Die Patienten

Die Patienten kommen gerne in die Sprechstunde des Wundversorgungs-Teams. Weil sie hier immer wieder dieselben Gesichter sehen, schöpfen sie Vertrauen und erzählen von ihren Krankheits- und Heilungsverläufen. Das Team nimmt sich Zeit dafür. Einige Patienten kommen nach der Reha weiterhin ambulant, weil sie sich gut versorgt fühlen.

Die Besonderheit

Wundexperten gibt es auch in anderen Reha-Kliniken. Doch meist beschränkt sich ihre Tätigkeit darauf, Ratschläge zu geben, während die Pflegerinnen und Pfleger der jeweiligen Stationen die Wunden versorgen. Das Wundversorgungs-Team des MEDICLIN Reha-Zentrums Gernsbach macht beides: Theorie und Praxis. Das hilft, Wundheilung besser zu verstehen.

Andrea Eichberger-Schmeiser:

Die Arbeit im Wundversorgungs-Team macht etwas mit mir. Ich gehe zufrieden von der Arbeit nach Hause – weil ich Ergebnisse sehe! Die Wunde verändert sich, sie heilt. Natürlich, manchmal gibt es auch Rückschritte. Es tut auch mir weh, wenn einem amputierten Patienten weitere Körperteile abgenommen werden müssen. Aber das Ziel unserer Arbeit ist es ja, genau das zu verhindern. Vielleicht kann eine halbe Stunde bei uns im Wundmanagement oder ein guter Tipp dazu beitragen, dass ein Fuß erhalten bleibt.

Im Pflegealltag muss man schnell und routiniert arbeiten. Wir haben bis zu 80 Patienten auf der Station, da kann ich nicht jeden Einzelnen mit Namen kennen. Aber hier in der Wundversorgung betreuen wir Patienten individuell, so dass wir die Menschen besser kennenlernen. Das tut den Leuten gut. Und auch mir. Die Fortbildungen zum Wundmanagement besuche ich immer  gern. 

Ich mag den Stillstand nicht, sondern möchte Neues lernen. In einer Klinik muss es Fortschritt geben! Schön ist es, wenn wir auch nach der Reha noch Kontakt zu den Patienten halten oder über die Ärzte in der ambulanten Versorgung erfahren, dass sich die Wundheilung verbessert hat. Das gibt uns Auftrieb und Mut.

Martina Iannuzzi-Nedeljov:

Als ich in den Beruf einstieg, gab es in der Medizin und Pflege noch eine andere Mentalität: Man sprach damals nicht gerne offen mit Patienten über schwierige Diagnosen. „Sollen wir ihm das jetzt sagen?“ Das hat mich immer gestört und ich bin froh, dass es heute anders ist!

Jetzt arbeiten wir auf Augenhöhe. Mit dem Wundmanagement tragen wir besonders dazu bei: Wir informieren unsere Patienten, damit sie wissen, woran sie sind, was sie tun müssen. Das macht sie menschlich zufrieden. Ohnehin bin ich der Meinung, dass man es spürt, wenn etwas nicht in Ordnung ist.

Weil wir offen miteinander sind, können wir gemeinsam präventiv arbeiten. Und auch die Kollegen sind bestmöglich informiert, weil wir mit unseren Dokumentationen für Transparenz sorgen.

Manche Patienten sind noch in  der Findungsphase und müssen sich zum Beispiel nach einem Schlaganfall neu orientieren. Manche sind erst einmal aggressiv, wenn sie in die Reha kommen. Ich denke, das müssen wir Pflegenden zulassen. Nicht immer gleich reagieren. Man braucht eine gewisse Gelassenheit. Und Zeit für die Patienten.

Szilvia Toth-Kazsamer:

Ich bin noch neu im Wundversorgungs-Team. Gerade habe ich die Ausbildung zur Wundexpertin gemacht und im TCW Therapiezentrum für Chronische Wunden in Achern hospitiert. Es hat Spaß gemacht, wieder etwas Neues zu lernen! Ich möchte nicht mein Berufsleben lang das Gleiche machen, deshalb freue ich mich schon auf weitere Fortbildungen.

Ihre Ansprechpartner

Andrea Eichberger-Schmeiser

Wundteam

MEDICLIN Reha-Zentrum Gernsbach

Martina Iannuzzi-Nedeljov

Wundteam

MEDICLIN Reha-Zentrum Gernsbach

Szilvia Toth-Kazsamer

Szilvia Toth-Kazsamer

Stationsleitung Neuro 2

MEDICLIN Reha-Zentrum Gernsbach


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